Das Max-Born-Institut gratuliert den NobelpreisträgerInnen für Physik Anne L’Huillier, Pierre Agostini und Ferenc Krausz

Der Physik Nobelpreis 2023 ging an Anne L’Huillier, Pierre Agostini und Ferenc Krausz „für experimentelle Methoden der Erzeugung von Attosekunden-Lichtimpulsen für die Untersuchung der Elektronendynamik in Materie“.

Seit den späten 1970er Jahren wird die Wechselwirkung von Materie mit intensivem Laserlicht genauer erforscht, was zur Entdeckung mehrerer unerwarteter, nicht-perturbativer Phänomene geführt hat. Im Jahr 1979 berichteten Pierre Agostini und seine Mitarbeiter, dass Atome in einem intensiven Laserfeld mehr als die minimale Anzahl von Laserphotonen absorbieren können, die für ihren Ionisierungsprozess erforderlich sind (Above-Threshold Ionization (ATI)). Fast ein Jahrzehnt später entdeckte Anne L'Huillier bei Untersuchungen von Ionisierungsprozessen durch starke Laserfelder den Prozess der Erzeugung Höherer Harmonischer (High-Harmonic Generation, HHG), bei dem die Wechselwirkung eines Atoms mit einem intensiven Laserfeld zu einer Bündelung der Energie vieler einfallender Laserphotonen zu energiereicheren Photonen im extrem ultravioletten oder weichen Röntgenbereich des Wellenlängenspektrums führt. In den darauffolgenden Jahren führten weitere Experimente und zahlreiche theoretische Erkenntnisse (u.a. von MBI-Forscher Misha Ivanov) zu dem Verständnis, dass die Erzeugung Höherer Harmonischer als ein dreistufiges Bild verstanden werden kann, d.h. als eine Abfolge von (1) Ionisierung der Zielatome durch das intensive Laserfeld, gefolgt von (2) Beschleunigung des Elektrons im oszillierenden elektrischen Laserfeld und (3) Elektron-Ionen-Rekombination, begleitet von der Emission der energetischen hochharmonischen Photonen. Nachdem die grundlegende Erkenntnis der HHG etabliert war, entstand die Idee, dass diese Technik zur Erzeugung von Attosekunden-Laserimpulsen genutzt werden könnte. Im Jahr 2001, dem "Annus mirabilis" der Attosekundenforschung, wurde die Erzeugung von Attosekundenimpulsen in zwei bahnbrechenden Experimenten tatsächlich nachgewiesen. Erstens zeigten Pierre Agostini und seine Mitarbeiter, dass die Erzeugung Höherer Harmonischer mit "normalen" Femtosekunden-Laserimpulsen, die aus vielen optischen Zyklen bestehen, wiederum eine Folge von Attosekunden-Laserimpulsen nach sich zieht; während jedes optischen Zyklus werden zwei solcher Impulse erzeugt. Zweitens zeigten Ferenc Krausz und Mitarbeiter, dass im Falle eines extrem kurzen Treiberimpulses, der aus höchstens zwei optischen Zyklen besteht, der Mechanismus des dreistufigen Bildes auf ein einziges Ereignis beschränkt werden kann, wodurch ein isolierter Attosekunden-Laserimpuls erzeugt wird.

Seit der ersten Demonstration der Attosekunden-Impulserzeugung im Jahr 2001 hat sich das Forschungsfeld der Attosekunden-Wissenschaft stark entwickelt. Am Max-Born-Institut, wo Agostini 2003-2004 als Träger eines Forschungspreises der Alexander von Humboldt-Stiftung tätig war, führte dies 2010 zur Etablierung der Attosekundenforschung als führendes Forschungsthema des Bereichs A. Mit den experimentellen Arbeiten im Bereich A (insbesondere zur Rolle der Quantenverschränkung auf Attosekunden-Zeitskalen) und der Pionierforschung in der Theorieabteilung des MBI steht das MBI heute an der Spitze von Forschung und Innovation in der Attosekunden-Wissenschaft. Heute werden am MBI und an vielen anderen Orten Techniken der Attosekundenforschung eingesetzt, um die Rolle der ultraschnellen Elektronendynamik bei wissenschaftlichen Fragestellungen zu klären, die von der Atomphysik und der chemischen Dynamik bis hin zu den Materialwissenschaften und der modernen Elektronik reichen. Das MBI gratuliert den drei Pionieren der Attosekundenforschung, Anne L'Huillier, Pierre Agostini und Ferenc Krausz, die den Nobelpreis für Physik 2023 erhalten haben!

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