Grundlegende räumliche Grenzen der volloptischen Magnetisierungsumschaltung

Die Magnetisierung kann mit einem einzigen Laserpuls geschaltet werden. Es ist jedoch nicht bekannt, ob der zugrundeliegende mikroskopische Prozess auf die Nanometer-Längenskala skalierbar ist, eine Voraussetzung, um diese Technologie für künftige Datenspeicheranwendungen wettbewerbsfähig zu machen. Forscher des Max-Born-Instituts in Berlin, Deutschland, haben in Zusammenarbeit mit Kollegen des Instituto de Ciencia de Materiales in Madrid, Spanien, und der Freie-Elektronen-Laseranlage FERMI in Triest, Italien, eine grundlegende räumliche Grenze für die lichtgetriebene Magnetisierungsumkehr ermittelt.

Moderne magnetische Festplatten können mehr als ein Terabit an Daten pro Quadratzoll speichern, was bedeutet, dass die kleinste Informationseinheit auf einer Fläche von weniger als 25 Nanometern x 25 Nanometern kodiert werden kann.  Um das volle Potenzial des laserbasierten, rein optischen Schaltens (AOS) auszuschöpfen, insbesondere im Hinblick auf schnellere Schreib-/Löschzyklen und eine verbesserte Energieeffizienz, müssen wir daher verstehen, ob ein magnetisches Bit im Nanomaßstab noch rein optisch umkehrbar ist.

Damit AOS stattfinden kann, muss die Magnetisierung des magnetischen Materials gegen Null reduziert werden, was man durch Aufheizen auf sehr hohe Temperaturen erreichen kann. Erst dann kann sich die Magnetisierung umkehren.  Der Clou bei AOS ist, dass es ausreicht, die Elektronen des Materials zu erhitzen, während das Atomgitter kalt bleibt. Dies ist genau das, was ein optischer Laserpuls tut; er wechselwirkt nur mit den Elektronen und ermöglicht es, sehr hohe (Elektronen-)Temperaturen mit sehr niedrigen Leistungsniveaus zu erreichen. Da jedoch heiße Elektronen durch Streuung an den kalten Atomen sehr schnell abkühlen, muss die Magnetisierung innerhalb dieser charakteristischen Zeitskala reduziert werden, d. h. AOS beruht auf einem Gleichgewicht zwischen der zeitlichen Entwicklung der (Elektronen-)Temperatur und dem Verlust der Magnetisierung. Es ist leicht zu erkennen, dass sich dieses Gleichgewicht ändert, wenn die Anregung auf die Nanoskala beschränkt ist: Jetzt können die Elektronen nicht nur Energie an die Atome verlieren, sondern auch durch Diffusionsprozesse aus den nanometerkleinen heißen Bereichen. Auf der Nanoskala laufen all diese Prozesse auf vergleichbaren ultraschnellen Zeitskalen ab, so dass die Elektronen zu schnell abkühlen können, die Magnetisierung nicht ausreichend verringert wird und AOS zusammenbricht.

Einem internationalen Forscherteam ist es erstmals gelungen, die Frage "Wie klein funktioniert AOS?" zu beantworten, indem es Experimente basierend auf zeitaufgelöster Gitterspektroskopie mit atomistischen Spindynamikberechnungen kombiniert hat.  Sie erzeugten ein extrem kurzlebiges Muster aus dunklen und hellen Streifen von Laserlicht durch Interferenz an der Probenoberfläche des prototypischen magnetischen Materials GdFe.  Die Neuartigkeit des Experiments beruht auf der Verwendung von Laserlicht im weichen Röntgenspektralbereich, so dass der Abstand zwischen dunklen und hellen Bereichen auf nur 8.7 Nanometer verringert werden konnte. Die führte zu einer lateralen Modulation der (Elektronen-)Temperaturen und zu einem entsprechenden lokalisierten Verlust der Magnetisierung. Die ultraschnelle räumliche Entwicklung des Magnetisierungsgitters konnte durch Beugung eines dritten weichen Röntgenpulses mit einer Wellenlänge von 8.3 Nanometer untersucht werden. Bei dieser speziellen Wellenlänge ermöglicht eine elektronische Resonanz an den Gadoliniumatomen, dass der weiche Röntgenpuls das Vorhandensein der Magnetisierung "fühlt" und somit die Änderung der Magnetisierung mit einer zeitlichen Auflösung von Femtosekunden und einer räumlichen Auflösung im Sub-Nanometerbereich nachgewiesen werden kann. 

Durch die Kombination der experimentellen Ergebnisse mit modernsten Simulationen konnten die Forscher den nanoskaligen und ultraschnellen Energietransport bestimmen. Es stellte sich heraus, dass die Mindestgröße für AOS in GdFe-Legierungen, die durch eine periodische Anregung im Nanomaßstab hervorgerufen wird, bei etwa 25 Nanometer liegt. Diese Grenze ist auf die ultraschnelle laterale Elektronendiffusion zurückzuführen, die die beleuchteten Bereiche auf diesen winzigen Längenskalen schnell abkühlt und letztlich AOS verhindert. Die schnellere Abkühlung durch die Elektronendiffusion kann bis zu einem gewissen Grad durch eine Erhöhung der Anregungsleistung kompensiert werden, aber dieser Ansatz ist letztlich durch die strukturelle Schädigung durch den intensiven Laserstrahl begrenzt. Die Forscher gehen davon aus, dass die 25-Nanometer-Grenze für alle metallischen magnetischen Materialien gültig ist.

Abb. 1: Gemessene Beugungsintensität des transienten magnetischen Gitters mit einer Periode von 17 Nanometern. Die gebeugte Intensität nimmt ab, wenn das Gitter aufgrund der lateralen ultraschnellen Energiediffusion ausgewaschen wird. Das Modell beschreibt unsere Daten sehr gut.

 

Abb. 2: Das Phasendiagramm für AOS als Funktion der absorbierten Energiedichte und der Anregungsdauer, was darauf hindeutet, dass die Mindestgröße für AOS in GdFe-Legierungen, die durch eine periodische Anregung im Nanobereich induziert wird, etwa 25 Nanometer beträgt.

Zwei weiche Röntgenpulse interferieren auf der Oberfläche einer ferrimagnetischen GdFe-Legierung, was zu einer lateralen Modulation der Elektronentemperaturen, einer Verringerung der lokalen Magnetisierung und zu einem rein optischen Schalten der Magnetisierung führt. Auf der rechten Seite wird die Gitterperiode auf weniger als 25 Nanometer reduziert. Daher wäscht das Temperaturprofil sich aus, bevor die Magnetisierung ausreichend reduziert ist, und das optische Schalten bricht zusammen. Bildnachweis: Moritz Eisebitt

Originalpublikation

Exploring the Fundamental Spatial Limits of Magnetic All-Optical Switching

Felix Steinbach, Unai Atxitia, Kelvin Yao, Martin Borchert, Dieter Engel, Filippo Bencivenga, Laura Foglia, Riccardo Mincigrucci, Emanuele Pedersoli, Dario De Angelis, Matteo Pancaldi, Danny Fainozzi, Jacopo Stefano Pelli Cresi, Ettore Paltanin, Flavio Capotondi, Claudio Masciovecchio, Stefan Eisebitt, und Clemens von Korff Schmising

Nano Lett. 2024, 24, 23, 6865–6871

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