Wird ein nicht leitender Ferrimagnet erwärmt, erreicht die Wärme zunächst das Atomgitter, wodurch sich die Atome zufällig um ihre Ruhelage bewegen. Schließlich verursacht ein Teil der Wärme auch eine zufällige Rotation (Präzession) der Spins um ihre ursprüngliche, kalte Richtung. Dadurch geht die magnetische Ordnung verloren. Die Gesamtmagnetisierung M1,-M2 nimmt ab und verschwindet schließlich, wenn die Temperatur des Ferrimagneten eine kritische Temperatur, die sogenannte Curie-Temperatur, überschreitet. Obwohl dieser Prozess von grundlegender Bedeutung ist, ist seine Dynamik noch nicht gut verstanden. Selbst für den Ferrimagneten Yttrium-Eisen-Granat (YIG), einen der am intensivsten erforschten Ferrimagnete, ist nicht bekannt, wie lange es dauert, bis das erwärmte Atomgitter und die kalten magnetischen Spins miteinander ins Gleichgewicht kommen. Bisherige Schätzungen dieser Zeitskala unterscheiden sich um einen Faktor von bis zu einer Million.
Ein Team von Wissenschaftlern aus Berlin (Collaborative Research Center / Transregio 227 Ultrafast Spin Dynamics, Fritz-Haber-Institut und Max-Born-Institut), Dresden (Helmholtz-Zentrum), Uppsala (Schweden), St. Petersburg (Russland) und Sendai (Japan) hat nun die elementaren Schritte dieses Prozesses aufgedeckt. "Um das Atomgitter eines YIG-Films augenblicklich und ausschließlich zu erwärmen, verwenden wir eine sehr spezifische und neuartige Art von Anregung: ultrakurze Laserlichtblitze bei Terahertz-Frequenzen. Mit einem nachträglich eintreffenden sichtbaren Laserimpuls können wir dann Schritt für Schritt die Entwicklung der zunächst kalten magnetischen Spins nachvollziehen. Im Wesentlichen nehmen wir einen Stop-Motion-Film über die Entwicklung der Magnetisierung auf", sagt Sebastian Maehrlein, der die Experimente durchführte. Sein Kollege Ilie Radu fasst zusammen: "Unsere Beobachtungen sprechen eine klare Sprache. Wir fanden heraus, dass eine plötzliche Erwärmung des Atomgitters die magnetische Ordnung des Ferrimagneten auf zwei verschiedenen Zeitskalen reduziert: eine unglaublich schnelle Skala von nur 1 ps und eine 100.000-mal langsamere Skala von 100 ns."