Visualisierung des Kramers-Henneberger Atoms

Heutzutage sind Laserpulse mit elektrischen Feldern die vergleichbar oder höher sind, als die elektrostatischen Kräfte, die Valenzelektronen in Atomen oder Molekülen binden, zu Routinewerkzeugen mit zahlreichen Anwendungen geworden. Dazu zählen die Laserbeschleunigung von Elektronen und Ionen, die Erzeugung kurzwelliger Emission in Plasmen oder Clustern, Laserfusion, und viele mehr. Intensive Felder werden auch während der Laserfilamentation in der Luft oder durch lokale Feldverstärkung in der Nähe von Metall-Nanopartikeln erzeugt. Zunächst würde man erwarten, dass diese starken Felder immer zu einer schnellen Ionisation der Atome oder Moleküle führen. Vor kurzem beobachtete jedoch eine Gruppe von Experimentatoren aus Abteilung B des MBI die Beschleunigung von neutralen Atomen von bis zu 1015 m/s² während der Wechselwirkung dieser Atome mit sehr intensiven Infrarot-Laserpulsen [1]. Demnach blieb ein wesentlicher Anteil der Atome während des Pulses stabil. Es stellt sich nun die Frage nach der Struktur dieser exotischen laser-dressed Atome, die superatomare Felder überleben. Kann diese mit modernen experimentellen Methoden direkt abgebildet werden? Mit ab-initio Berechnungen für das Kaliumatom zeigen wir [2], wie die elektronische Struktur dieser “laser-dressed” Atome eindeutig identifiziert, und in winkelaufgelösten Photoelektronenspektren mittels üblicher Femtosekunden-Laserpulsen und velocity-map-imaging-Methoden abgebildet werden kann (siehe bspw. aktuelle Experimente [3,4]). Wir stellen fest, dass die elektronische Struktur dieser Atome den von W. Henneberger vor über 40 Jahren formulierten theoretischen Vohersagen [5] entspricht, die bisher experimentell unbestätigt blieben und dadurch nicht allgemein akzeptiert. Wir zeigen weiterhin, dass sich das sogenannte Kramers-Henneberger (KH) Atom bildet, und sogar noch vor dem Einsetzen des Stabilisierungsbereichs detektiert werden kann. Unsere Ergebnisse eröffnen die Möglichkeit der Visualisierung und Kontrolle der Dynamik gebundener Elektronen in starken Laserfeldern und der Überprüfung ihres Einflusses auf verschiedene strong-field Effekte, einschließlich der mikroskopischen Beschreibung von Kerr-Nichtlinearitäten hoher Ordnung und deren Rolle für die Laserfilamentation [6].

Abb. 1 Direkte Visualisierung des exotischen Kramers-Henneberger Atoms in einem Photoelektronenspektrum. Winkel- und energieaufgelöstes Photoelektronenspektrum von Kalium  mit einem 800 nm, 1,4·1013 W/cm² und 65 fs Laserpuls. (pz und pρ sind die Elektronenimpulse entlang und senkrecht zur Laserpolarisationsachse.)

1. Eichmann et al., “Acceleration of neutral atoms in strong short-pulse laser fields”, Nature, 461, 1261-1264 (2009).
2. Felipe Morales, Maria Richter, Serguei Patchkovskii and Olga Smirnova,
“Imaging the Kramers-Henneberger atom”, PNAS, doi:10.1073/pnas.1105916108.
3. Wollenhaupt M., Krug M., Köhler J., Bayer T., Sarpe-Tudoran C. & Baumert T., “Photoelectron angular distributions from strong-field coherent electronic excitation”, Appl. Phys. B, 95, 245  (2009).
4. Schuricke M., Zhu G., Steinmann J., Simeonidis K., Ivanov I., Kheifets A., Grum-Grzhimailo A. N., Bartschat K., Dorn A. & Ullrich J., “ Strong-field ionization of lithium”, Phys. Rev. A, 83, 023413 (2011).
5. W. Henneberger, “Perturbation method for atoms in intense laser fields”, Phys. Rev. Lett., 21, 838 (1968).
6. Béjot et al., “Higher-Order Kerr Terms Allow Ionization-Free Filamentation in Gases”, Phys. Rev. Lett., 104, 103903 (2010).

Weitere Informationen:

Kontakt

Dr. Felipe Morales Moreno, (030) 6392 1358, Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie
Dr. Maria Richter, (030) 6392 1239, Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie
Prof. Dr. Olga Smirnova, (030) 6392 1340, Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie