Isaac Newton fand im 17. Jahrhundert heraus, dass eine Kraft die Beschleunigung eines Körpers bewirkt. Die träge Masse des Körpers entspricht dem Verhältnis von Kraft zu Beschleunigung, d.h. bei gleicher Kraft erfährt ein leichter Körper eine größere Beschleunigung als ein schwerer. Die Masse des Körpers ist positiv, d.h. die Beschleunigung erfolgt in der Richtung der Kraft. Geladene Elementarteilchen wie das freie Elektron, dessen Masse nur 10-30 = 0,...(29 Nullen !)...1 Kilogramm beträgt, lassen sich in elektrischen Feldern auf extrem hohe Geschwindigkeiten beschleunigen. Auch die Bewegung von Elektronen in Kristallen folgt dieser Gesetzmäßigkeit, sofern die elektrischen Felder klein sind. In diesem Regime besitzt das Kristallelektron eine Masse, die nur einen Bruchteil der Masse des freien Elektrons beträgt.
Wilhelm Kühn, Michael Wörner, Klaus Reimann und Thomas Elsässer vom MBI haben jetzt gezeigt, dass Kristallelektronen in extrem hohen elektrischen Feldern ein völlig anderes Verhalten zeigen und ihre Masse sogar negative Werte annimmt. Wie sie in der neuesten Ausgabe von Physical Review Letters 104, 146602 (2010)berichten, wurde das Elektron zunächst in einer extrem kurzen Beschleunigungphase von nur 100 Femtosekunden = 0,000 000 000 000 1 Sekunden auf eine Geschwindigkeit von 4 Millionen Stundenkilometern gebracht. Danach bremst das Elektron in einem ähnlichen Zeitraum ab und kehrt dann seine Bewegungsrichtung sogar um. Diese der Kraft entgegengerichtete Beschleunigung lässt sich nur durch eine negative träge Masse des Teilchens erklären.