Kontrolle von Spins mit Laserpulsen

OISTR, der schnellste Mechanismus zur kohärenten Kontrolle von Spins mit Licht, konnte erstmals experimentell überprüft werden, indem die magnetischen Eigenschaften von funktionalen Schichtsystemen auf der Zeitskala elektrischer Feldschwingungen eines ultrakurzen optischen Laserimpulses manipuliert wurden.

Die Kopplung zwischen den Atomen eines magnetischen Festkörpers, meist ferromagnetisch (FM, d.h. mit parallelen magnetischen Momenten an benachbarten Atomen) oder antiferromagnetisch (AFM, antiparallele Orientierung), bestimmt die grundlegenden Eigenschaften eines jeden magnetischen Materials. Diese Kopplung wird durch die sogenannte Austauschwechselwirkung zwischen den Elektronen benachbarter Atome gesteuert. Für ein typisches magnetisches Material liegt die mit dieser Wechselwirkung verbundene Zeitskala in der Größenordnung von wenigen 100 Femtosekunden. In kürzlich veröffentlichten theoretischen Arbeiten [1,2] konnte jedoch gezeigt werden, dass es möglich ist, die Magnetisierung über Lichtimpulse auch auf Zeitskalen deutlich unterhalb dieser Austauschwechselwirkungszeit zu steuern. Sogar die Änderung der magnetischen Ordnung von AFM auf FM ist für spezielle Materialien möglich, vorausgesetzt, dass sie aus verschiedenen Arten von Atomen bestehen und sogenannte Untergitter im Festkörper bilden. Hier kann das elektrische Feld des Laserimpulses Spin-polarisierte Elektronen und einen damit verbundenen Spinstrom zwischen den Untergittern anregen und so zu einer transienten Änderung der makroskopischen magnetischen Ordnung führen. Darüber hinaus konnte die Theorie zeigen, dass der Prozess des optischen Spin-Transfers (OISTR) die sehr schnelle Magnetisierungsdynamik in solchen maßgeschneiderten Materialien dominiert und erst zu späteren Zeiten von anderen, Spin-Bahn-Kopplung vermittelten Mechanismen gefolgt wird.

Das Verständnis dieser grundlegenden Prozesse während und nach der Anregung eines magnetischen Materials mit Laserlicht konnte nun erstmals experimentell überprüft werden. Dazu wurde ein Materialsystem untersucht, das sich laut theoretischer Berechnungen, durchgeführt in der Gruppe von Sangeeta Sharma am Max-Born-Institut, als besonders interessant herausgestellt hat. Ein Forscherkonsortium vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik und Mikrostrukturphysik, dem Max-Born-Institut, der Universität Greifswald und der Technischen Universität Graz war in der Lage, die magnetischen Eigenschaften von Nickel/Platin-Schichtsystemen auf der Zeitskala der elektrischen Feldoszillationen des sichtbaren Lichts - und damit gleichzeitig mit seinen elektrischen Eigenschaften - zu manipulieren. Wie vorhergesagt, ändert das aus Nickel- und Platin-Untergittern bestehende Material seinen magnetischen Zustand bereits in weniger als 10 Femtosekunden. Synchron mit der Umverteilung von Elektronen zwischen Nickel und Platin Atomen durch das elektrische Feld des Laserimpules konnte die Änderung der makroskopischen Magnetisierung direkt sichtbar gemacht werden.

Dieses Ergebnis unterstreicht die Bedeutung des OISTR-Mechanismus und stellt die bisher schnellste Manipulation der Magnetisierung eines Materials dar. Sie bildet die Grundlage für eine verbesserte und kohärente Kontrolle der magnetischen Eigenschaften auf der Grundlage von Lichtimpulsen in entsprechend gestalteten Materialien; vielversprechend für zukünftige technologische Anwendungen.

1. J. K. Dewhurst, P. Elliott, S. Shallcross, E. K. U. Gross and S. Sharma
Nano Lett. 18, 1842, (2018)

2. J. K. Dewhurst, S. Shallcross, E. K. U. Gross and S. Sharma.
Phys. Rev. Appl. 10, 044065 (2018)

Originalpublikation

Light-wave dynamic control of magnetism

F. Siegrist, J. A. Gessner, M. Ossiander, C. Denker, Y.-P. Chang, M. C. Schroeder, A. Guggenmos,, Y. Cui, J. Walowski, U. Martens, J. K. Dewhurst, U. Kleineberg, M. Muenzenberg, S. Sharma, M. Schultze

Nature 570 (2019) 7762/1-9

URL, DOI oder PDF