Erzeugung einzelner Lichtschwingungen im Terahertz-Bereich durch Elektronenverschiebung in Quantenstrukturen

Zeitabhängige elektrische Ströme senden elektromagnetische Wellen aus – dieser elementare physikalische Vorgang ist die Grundlage der drahtlosen Telekommunikation. Die Übertragung dieses Effekts auf die ultrakurzen Längen- und Zeitskalen der Quantenwelt ermöglicht die Erzeugung intensiver Terahertz (THz)-Impulse in asymmetrischen Halbleiter-Quantenstrukturen. Die Impulse besitzen eine Dauer von ca. 1 ps mit einer einzigen Schwingung des elektrischen Feldes. Ihre zeitliche Form kann über den nichtlinearen Erzeugungsmechanismus maßgeschneidert werden.

THz-Wellen sind ein wichtiges analytisches Werkzeug in Forschung und Technologie, ihre Anwendungen reichen von der Material- und Gewebecharakterisierung bis zur Sicherheitskontrolle am Flughafen. Ultrakurze THz-Impulse von wenigen Pikosekunden Dauer werden mit hohen Amplituden des elektrischen Feldes in der zeitaufgelösten Spektroskopie kondensierter Materie eingesetzt. Darüber hinaus spielen sie eine Schlüsselrolle in Telekommunikationssystemen für extrem hohe Datenübertragungsraten. Die Ausnutzung des Potentials von THz-Methoden und -Technologien erfordert die Entwicklung effizienter und kompakter THz-Quellen.

Wissenschaftler des Max-Born-Instituts und des Paul-Drude-Instituts in Berlin haben jetzt ein neues Konzept zur Erzeugung ultrakurzer THz-Wellenzüge demonstriert, das auf der optischen Steuerung von Elektronenbewegungen in einem hochkompakten Quantenbauelement beruht [Optica 8, 1638 (2021)]. Ein optischer Anregungsimpuls im mittleren Infrarot erzeugt einen zeitabhängigen elektrischen Strom in einer Halbleiter-Nanostruktur, die 20 asymmetrische Quantentröge enthält. Dieser Strom emittiert THz-Impulse, die aus einer einzelnen Lichtschwingung bestehen und eine Maximalamplitude des elektrischen Feldes von einigen Kilovolt/cm aufweisen. Die zeitliche Struktur der Impulse kann über die Anregungsbedingungen des Quantenbauelements maßgeschneidert werden.

Der grundlegende Mechanismus der THz-Erzeugung ist in Abb. 1 dargestellt. Elektronen sind in einem quasi-zweidimensionalen Quantentrog eingeschlossen, der entlang der Stapelachse der AlxGa1-xAs-Halbleiterschichten (c-Achse) asymmetrisch ist. Auf Grund der geringen Breite des Quantentrogs entstehen die Quantenzustände 1 und 2 der Elektronen, die jeweils der Minimalenergie von Elektronen in den entsprechenden sog. Subbändern entsprechen. Die asymmetrische Form des Potentials entlang der c-Achse führt zu räumlich gegeneinander verschobenen Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Elektronen in den beiden Subbändern. Eine Anregung von Elektronen aus Subband 1 in Subband 2 mittels eines ultrakurzen Lichtimpulses im mittleren Infrarot verschiebt den Schwerpunkt der gesamten Dichteverteilung der Elektronen um einige Nanometer, was einem zeitabhängigen elektrischen Strom entspricht. Nach den Gesetzen der Elektrodynamik emittiert dieser sog. Verschiebestrom ein elektrisches Feld. Bei Verwendung eines Femtosekunden-Impulses zur Anregung liegt die Frequenz des emittierten Feldes im THz-Bereich.

Abbildung 2 zeigt den Zeitverlauf des emittierten THz-Feldes für verschiedene Anregungsstärken im mittleren Infrarot. Alle THz-Impulse bestehen aus einem einzigen Oszillationszyklus. Der genaue zeitliche Verlauf ändert sich jedoch mit der Anregungsstärke auf Grund des nichtlinearen Charakters des Erzeugungsprozesses. Dieses Verhalten kann ausgenutzt werden, um die THz-Wellenzüge in einem breiten Parameterbereich maßzuschneidern. Die Gesamteffizienz der THz-Erzeugung liegt im Bereich einiger Prozent des Anregungsfeldes, wodurch diese Methode besonders interessant wird für die effiziente Erzeugung variabler THz-Impulse in hochkompakten optoelektronischen Lichtquellen, die etwa bei Repetitionsraten im Gigahertzbereich arbeiten.

Abb. 1. Ultraschnelle Erzeugung von Verschiebeströmen in asymmetrischen Halbleiter-Quantentrögen und optische Geometrie. (a) Elektronen sind in 13 nm breiten Quantentrögen aus AlxGa1-xAs eingeschlossen. Durch Variation des Al-Gehalts erhält man ein asymmetrisches ("dreieckiges") Potential zwischen zwei Barrieren. Der Quanteneinschluss führt zur Ausbildung diskreter Elektronen-Energiezustände 1 und 2 entlang der c-Achse. Die farbigen Konturen zeigen die räumlich gegeneinander verschobenen Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Elektronen im Zustand 1 (blau) und im Zustand 2 (rot). Der blaue und der rote Pfeil markieren den Schwerpunkt der jeweiligen Verteilung.  Elektronen werden durch einen ultrakurzen Infrarotimpuls aus Zustand 1 in Zustand 2 transferiert, was zu einer zeitabhängigen Verschiebung des Ladungsschwerpunktes führt. Dies entspricht einem zeitabhängigen Verschiebestrom, der einen THz-Monozyklus emittiert. (b) Optische Geometrie der THz-Quelle. Ein Stapel von 20 Quantentrögen befindet sich an der Unterseite der Prismenstruktur. Sie werden durch einen Femtosekundenimpuls im mittleren Infrarot angeregt (roter Wellenzug, links). Die in Vorwärtsrichtung emittierten THz-Impulse (grüner Wellenzug, rechts) werden im Experiment charakterisiert. Die Höhe des Prismas beträgt 350 µm.

Abb. 2. Terahertz-Wellenzüge, die mit Verschiebeströmen in asymmetrischen Quantentrögen erzeugt wurden. Gezeigt ist der Zeitverlauf der elektrischen THz-Feldes ETHz, der eine zentrale Oszillation aufweist. Diese Zeitstruktur verändert sich mit der Amplitude des treibenden elektrischen Feldes EI und führt u.a. zur zeitlichen Verschiebung des maximalen THz-Feldes mit EI.

Originalpublikation

Mono-cycle terahertz pulses from intersubband shift currents in asymmetric semiconductor quantum wells

Matthias Runge, Taehee Kang, Klaus Biermann, Klaus Reimann, Michael Woerner, Thomas Elsaesser

Optica 8, 1638-1641 (2021)

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