Was Gábor nicht konnte, nämlich eine Quelle für kohärente Elektronenstahlen konstruieren, ist bei Physikern, die mit starken Laserfeldern experimentieren, schon fast Standard. Sie schießen mit ultrastarken, ultrakurzen Laserpulsen Elektronen aus Atomen und Molekülen heraus, dies nennt man Ionisierung. Solche Elektronen sind kohärent und bildeten deshalb die Basis für das neue Holografie-Experiment mit Xenonatomen. Marc Vrakking vom MBI beschreibt, was bei der Ionisierung grundsätzlich passiert: „Durch das starke Laserfeld werden die Elektronen vom Atom weggerissen. Weil das Laserfeld schwingt, schnipsen einige von ihnen wie von einem Gummiband gehalten wieder zurück. Sie bewegen sich also in Richtung Atom und damit haben wir eine perfekte Elektronenquelle.“
Die herausgeschossenen Elektronen haben nun verschiedene Möglichkeiten: Manche vereinigen sich wieder mit dem Atom und erzeugen dabei extrem ultra-violettes (XUV) Licht, das die Basis für die heutige Attosekundenphysik ist, eines der neuen Hauptthemen am MBI. Die meisten Elektronen fliegen aber am Atom vorbei und bilden in den Holografie-Experimenten die Referenzwelle. Die Elektronen, welche vom Atom gestreut werden, bilden die Objektwelle. Die Wissenschaftler fingen die Elektronen mit einem Detektor auf und konnten ein charakteristisches Interferenzmuster beobachten, das den dreidimensionalen Zustand des Xenonatoms wiedergibt.
Dabei waren im Experiment bestimmte Bedingungen nötig: Um ein klares holografisches Bild zu erhalten, durfte die Referenzwelle nicht von dem positiv geladenen Objekt, also dem Xenonion, beeinflusst werden. Die Elektronenquelle sollte sich deshalb möglichst weit entfernt vom Objekt befinden. Aus diesem Grund führten die Forscher die Experimente mit dem Freie-Elektronenlaser FELICE (Free Electron Laser for Intracavity Experiments) durch, der langwelliges Licht im Bereich von 4 bis 40 Mikrometer aussendet. Solche Wellen "entführen" die Elektronen besonders weit vom Atom weg, bevor sie sie wieder zurückbringen.
Die Elektronen werden bei der Ionisation mit minimalen Verzögerungen produziert, diese liegen unter einer Femtosekunde. Die Forscher konnten so über theoretische Berechnungen zeigen, dass sie zeitaufgelöste holografische Bilder erhalten hatten. Ein exaktes dreidimensionales Bild des Xenonatoms können sich die Wissenschaftler aus den Interferenzmustern zwar noch nicht konstruieren, aber Vrakking hält so etwas in Zukunft durchaus für möglich. "Wir haben erstmalig gezeigt, dass Holografie auf atomaren Größenskalen und zeitaufgelöst mit dieser Methode möglich ist", sagt er. Dies eröffne neue Möglichkeiten für die zeitaufgelöste Beobachtung von Molekülen.
Die Arbeiten erfolgten in Zusammenarbeit mit Forschern aus den FOM Instituten AMOLF und Rijnhuizen, Niederlande.
Das folgende Highlight (auch vom 16.12.2010) steht mit diesem im thematischen Zusammenhang.