Fußabdrücke von Röntgenpulsen

Wissenschaftler des MBI haben zusammen mit Kollegen italienischer Forschungseinrichtungen eine Methode gefunden, um den "Fußabdruck" eines Röntgenlaserpulses auf einer Probe zu bestimmen.

Freie Elektronen Laser (FELs) produzieren intensive und kohärente Röntgenpulse - eine Voraussetzung, um nichtlineare Prozesse in der Wechselwirkung von Röntgenstrahlung mit Materie zu studieren und auszunutzen. Analog zur Entwicklung der nichtlinearen Optik nach der Erfindung des Lasers im sichtbaren Spektralbereich ist zu erwarten, dass daraus ein breites wissenschaftliches Anwendungsfeld erwächst. Ein ganz wesentlicher Parameter ist in diesem Zusammenhang die Fluenz der Strahlung, die auf der Probe in einem einzigen, ultrakurzen Röntgenpuls deponiert wird - für eine vorgegebene Photonenenergie ist dies die Anzahl der Photonen pro beleuchteter Fläche. Leider kann an FELs diese Fluenz von Schuss zu Schuss variieren, sowohl was die Anzahl der Photonen als auch deren räumliche Verteilung auf der Fläche betrifft. Einfach ausgedrückt gibt es einen "Fußabdruck" des Röntgenpulses auf der Probe, der in Form und Intensität variieren kann. Dieser Sachverhalt macht quantitative Studien nichtlinearer Effekte mit FELs im Röntgenbereich zu einer großen Herausforderung, denn diese Effekte hängen ja gerade sensitiv von der Fluenz ab.

Wissenschaftlern des MBI und der italienischen Forschungseinrichtungen ELETTRA und IOM haben nun eine Methode entwickelt, die es erlaubt, für einzelne ultrakurze FEL Pulse die räumliche Verteilung der Fluenz auf einer Probe zu messen und gleichzeitig das von exakt diesem Puls generierte Streusignal der Probe aufzuzeichnen. Die Methode beruht auf der Fabrikation gitterartiger Strukturen von nur wenigen Nanometern Tiefe in die Membran, die die zu untersuchende Probe trägt. Durch eine absichtliche, zweidimensionale Verzerrung wird diese Gitterstruktur zu einem diffraktiven optischen Element, das den Fußabdruck des Strahlungspulses auf einem Detektor abbilden kann. In der Abbildung unten ist der Fußabdruck des Strahls (in zwei zueinander konjugierten Kopien) als ein Fleck mit schachbrettartigen Seitenminima und -maxima sichtbar. Die Probe besteht aus einem ferromagnetischen Material mit verschieden ausgerichteten Domänen, deren resonante magnetische Streuung zusätzlich als ringförmige Intensität auf dem Detektor sichtbar ist. Mit dieser Technik können die Wissenschaftler nun das Streusignal einer Probe zu der exakt auf diese Probe im selben Röntgenpuls eingefallenen Fluenz in Beziehung setzen.

Darüber hinaus ist das Konzept von ganz praktischem Nutzen, wenn es darum geht, die Röntgenoptik zu justieren oder eine Probe im Strahl auszurichten. Bewegt man eine solche Gitterstruktur - ohne integrierte Probe - durch den Röntgenstrahl, so lässt sich das Strahlprofil an der Position des Gitters live auf dem Detektor beobachten. Bereits jetzt wird das neue Verfahren routinemäßig zur Justage des Röntgenstrahls am Freien Elektronen Laser FERMI eingesetzt.

Originalpublikation

In situ single-shot diffractive fluence mapping for X-ray free-electron laser pulses

M. Schneider, C. M. Günther, B. Pfau, F. Capotondi, M. Manfredda, M. Zangrando, N. Mahne, L. Raimondi, E. Pedersoli, D. Naumenko, S. Eisebitt

Nature Communications 9 (2018) 214/1-6

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